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BAFF-Treffen in Oer Erkenschwik - eine erste kurze Einschätzung (31.5.2001)

Totgesagte leben länger

Ein alljährliches Ritual ist vollzogen worden. Das "Bündnis aktiver Fußballfans" (BAFF) traf sich am Wochenende (1.-3. Juni) zum Sommertreffen in Oer Erkenschwik. Das BAFF findet sich jedes Jahr im Winter zu einem Arbeitstreffen und im Sommer zu einem großen Fantreffen zusammen. In den letzten Jahren kamen zu den Sommertreffen in Oer Erkenschwik jeweils ca. 150-300 Fußballfans aus ganz Deutschland und auch zum Teil aus angrenzenden Ländern. Der Charakter des Sommertreffens war immer der des Austauschs mit Fans von anderen Vereinen.

Schon seit längerem befindet sich jedoch das BAFF in einer Krise. Es gibt kaum noch Faninitiativen, die sich neu gründen und auch kaum noch solche, die aktive Politik in den Stadien bzw. Vereinen betreiben. Deutliches Zeichen hierfür ist das gravierende Fanzine-Sterben der letzten Jahre. Hieraus Konsequenzen zu ziehen, vermag das BAFF jedoch nicht. Der beim letzten Wintertreffen gestellte Antrag, das BAFF aufzulösen, wurde abgelehnt, die AktivistInnen von BAFF wollten das liebgewonnene Ritual nicht einfach ablegen. Verständlich zwar auf der einen Seite, auf der anderen jedoch handelt es sich derzeit um nicht mehr als die Balsamierung einer modernden Leiche. Es gibt keine neuen Impulse und es gibt auch kaum die Fangruppen, die wirklich noch was reißen wollen. Hierfür gibt es sicherlich mehrere Gründe, welche die Mitglieder des BAFF analysieren und aus denen Konsequenzen folgen müssten.

Nur einige seien hier genannt. Das Aufkommen der Ultra-Gruppen in den 90ern ist vom BAFF nahezu ignoriert worden. Es gibt im BAFF selbst keinerlei Ultragruppen und darüber hinaus auch kaum Kontakte zu diesen. Die Fangruppen also, die momentan die Stimmung in den Stadien dominieren, die Gruppen, welche sich aus wirklich aktiven Fans zusammensetzen, diese sind im Bündnis aktiver Fußballfans nicht vertreten. Noch beim Wintertreffen 1999/2000 in Leipzig musste sich darüber verständigt werden, ob eine Zusammenarbeit mit Ultra-Gruppen vom BAFF überhaupt erwünscht ist.

Ein weiteres Manko ist die inhaltliche Diffusität des BAFF. Das Label "aktiv" ist so beliebig, dass sich unter ihm auch eine Menge Gruppen einfinden können, die zwar auf einem Minimalkonsens basierend eine Presseerklärung gegen Rassismus herausgeben können, zu viel mehr aber kaum in der Lage sind.

Neben diesen zwei inhaltlichen Defiziten gesellt sich ein enormes organisatorisches, das zu ändern Voraussetzung ist, um überhaupt noch die Möglichkeit eines funktionierenden BAFF zu erhalten. Das gesamte BAFF ist die Unverbindlichkeit in Reinkultur. Pro Jahr finden 2 Treffen statt, dazwischen gibt es nahezu nichts. Auch in diesem Jahr wurde festgestellt, dass nach den Treffen die Euphorie der beteiligten Gruppen zum Teil hoch ist und in den folgenden Wochen kontinuierlich abfällt. Das BAFF ist also viel zu schwerfällig, um überhaupt eine aktive Politik leisten zu können.

Die Treffen an sich sind zudem noch beschissen vorbereitet. Es gibt im Prinzip keine inhaltliche Struktur. Es können alle Gruppen und Einzelpersonen kommen und wenn jemand Bock hat, eine Arbeitsgruppe zu machen, dann wird diese beim Treffen selbst initiiert und durchgezogen.

Dass es dabei zu keiner wirklichen Diskussion von Positionen und Perspektiven kommen kann, ist klar. Vielmehr ist es nötig, dass die Treffen inhaltlich besser vorbereitet werden. Bereits im Vorfeld muss geklärt werden, was die entscheidenden Fragen sind, die es zu besprechen gilt. Hiervon ausgehend müssen Arbeitsgruppen bzw. Referate vorbereitet werden, das heißt Gruppen angesprochen, die diese zu füllen haben. Wenn es dann bereits im Vorfeld gelingt, erste Positionen zu veröffentlichen, oder zumindest die Themen schon genauer zu benennen, können auch die anderen Gruppen diese schon vordiskutieren und somit eine vernünftige Diskussion bei den Treffen selbst ermöglichen.

Wie es genau überhaupt nicht funktioniert hat das diesjährige Sommertreffen in eklatanter Weise offenbart. Im Vorfeld des Treffens waren kein wirkliches Programm geschweige denn inhaltliche Positionen veröffentlicht, an denen Diskussionen möglich gewesen wären. Vielmehr wurden von einigen Gruppen kleine AGs vorbereitet, die dann dementsprechend schlecht verliefen, das heißt ohne wirkliche Diskussionen bzw. klare Ergebnisse. So gab es eine AG zur Initiative Pro 15.30 Uhr, eine Vorstellung einer Ausstellung zu Rassismus und Gegenbewegungen im Stadion, eine AG zu Überwachung und Repression sowie ein Referat über den Verein Roter Stern Leipzig. Alles in allem zu dünn für einen Fan-Kongress.

Die wirklich wesentlichen Fragen, die hätten geklärt werden müssen, wurden eigentlich nur am Rande erwähnt. Das BAFF, welches seit Jahren für Antirassismus in den Stadien eintritt und die verantwortlichen Stellen diesbezüglich immer versucht hat, in die Pflicht zu nehmen, steht heute plötzlich vor der Situation, dass Antirassismus schick ist, die Fifa und der DFB sich dafür einsetzen und plötzlich Gelder für antirassistische Arbeit da sind. Was aber bedeutet das für BAFF? Wird nun alles besser, weil der DFB und Konsorten endlich eingesehen haben, dass Rassismus zu bekämpfen ist? Oder ist es vielleicht so, dass das Produkt Fußball mit antirassistischen Anstrich besser verkauft werden kann und wir lediglich zu Erfüllungsgehilfen einer solchen Politik werden? Ist es nicht auch so, dass die Initiativen gegen Nazis in den Stadien in Wirklichkeit eher Initiativen für mehr Überwachung und mehr Repression der Fußballfans sind? Das alles läuft auf die entscheidende Frage hinaus, ob es nicht sinnvoll ist, das Thema Antirassismus nicht mehr in den Vordergrund zu stellen, sondern sich mit Repression, Überwachung, Bullengewalt etc. auseinanderzusetzen? Muss es nicht vielleicht zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit Ultra-Gruppen und Hooligans kommen, um diesem Thema gerecht zu werden, sind diese es doch, die von Repression am meisten betroffen sind? All diese Fragen müssen dringend geklärt werden, damit das BAFF nicht in der Versenkung verschwindet und nicht zum Erfüllungsgehilfen der DFB-Politik wird. Der Staatsantifaschismus, der sich im letzten Sommer seine Bahn brach, muss endlich vom BAFF analysiert werden. Nach dieser Zäsur kann BAFF nicht einfach weitermachen wie bisher, sondern muss sehen, wo sich neue Perspektiven eröffnen, auch im Hinblick darauf, dass neue Leute zu ziehen ein elementares Anliegen des BAFF sein muss.

Das nächste Wintertreffen muss besser organisiert werden, nur so kann sich BAFF halten und wieder in die Offensive kommen. Es müssen bessere inhaltliche Diskussionen laufen und es muss sich strukturell etwas ändern, um wirksam werden zu können.

Ein Teilnehmer des BAFF-Sommertreffens 2001

Eine längere und genauere Einschätzung des RSL-Supports wird demnächst folgen



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